Äthiopien

Äthiopien ist ein landschaftlich rauer Binnenstaat am Horn von Afrika, durch den der Grosse Afrikanische Grabenbruch verläuft. Das Land blickt auf rund 3000 Jahre ununterbrochener Geschichte zurück, es wurde nur für kurze Zeit im Zweiten Weltkrieg durch Italien besetzt. Diese lange Zeitspanne einer von aussen ungestörten Kultur- und Zivilisationsentwicklung macht das Land, das die höchste Zahl an UNESCO-Welterbestätten in Afrika aufweist, auch zu einem begehrten Tourismusziel. In Äthiopien sind Überreste von Hochkulturen ebenso zu bewundern wie Landschaften von atemberaubender Schönheit und es gilt als Wiege des modernen Menschen. Es ist ein Land voller Gegensätze, Widersprüche und Spannungen, voller Überfluss und Armut. Mit beinahe 110 Mio. ist es das bevölkerungsreichste Binnenland der Welt. Pro 1000 Einwohner hat es nur 2 PKW’s, in der Schweiz sind dies 716. Anerkannt ist, dass die Kaffeepflanze aus Äthiopien stammt. Der Legende nach entdeckte der Hirte Kaldi, dessen Ziegen nach dem Verzehr der roten Kaffeekirschen aufgedreht herumsprangen. Zum ersten Mal wurde Kaffee in der Region Kaffa im Südwesten Äthiopiens bereits 900 n. Ch. erwähnt.

 

Do/Fr, 20. und 21.02,2020, die Zollgebäude sind auf beiden Seiten der Grenze neu gebaut. Die Orientierung ist schwierig, weil eine Ausschilderung völlig fehlt. Trotzdem sind die Formalitäten bereits nach 2 Stunden erledigt, auch dank des von uns vorab besorgten elektronischen Visas. Eine neue Strasse führt uns durch eine abwechslungsreiche Landschaft. Einen ersten Abstecher machen wir zum «Chew Bet» einem Kratersee. Das Besondere ist die schwarze Farbe des Kratersees, es sieht aus wie Oel. Hier wird seit Jahrhunderten schwarzes Salz für Tiere gewonnen. Esel transportieren das Salz die steile Kraterwand hoch. Wir fahren noch bis kurz vor Yabelo, wo wir einen schönen Platz mit Sicht über das Tal finden. In Äthiopien gibt es nur vereinzelt Campingplätze. Wir müssen also wild campieren oder bei einem Hotel oder Gästehaus fragen, ob wir uns hinstellen dürfen. Von nun an geht es immer höher in die Berge. Konso liegt bereits auf über 1600 m. Auch ist der Ort Ausgangspunkt zum Omo Valley. Hier leben auf kleiner Fläche 16 verschiedene ethnische Gruppen, welche ihre Bräuche immer noch pflegen. Die Stämme unterscheiden sich durch verschiedenartige Körperbemalungen, Tätowierungen oder Schmuck. Am Auffälligsten sind die «Mursi», mit ihren Unterlippentellern. Auch Initiationsriten wie «bull jumping» kann man miterleben. Wir verzichten allerdings auf einen Besuch dieser Region, weil heute alles extrem vermarktet und zu einer Touristenattraktion verkommen ist. Für ein Foto muss man z.T. bis zu 100 Dollar bezahlen. Im Westen von Konso besuchen wir urtümliche Dörfer, die teilweise zu den Weltkulturerben gehören und fahren bis «New York». Diese Felsformation erinnert an den Brice Canyon in Kalifornien. Die Namensgebung basiert darauf, dass die Felsen an die Wolkenkratzer in New York erinnern. Sogleich sind wir von unzähligen Kindern jeglichen Alters umgeben. Einige versuchen uns Quarze, Malachit oder Kristalle zu verkaufen. Hingegen vieler Erzählungen von Reisenden, welche mit Steinen beworfen und beschimpft wurden, machen wir nur positive Erfahrungen. Die Bevölkerung ist sehr freundlich, alle lachen uns an und winken. An manchen Tagen haben wir am Abend schwere Arme vom Dauerwinken. In den von Steinmauern umfassten Dörfern scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Die Gebäude haben ein Grundgerippe aus Holzstangen, diese werden dann mit einem Gemisch aus Stroh und Lehm ausgekleidet. Das Dach besteht aus Gras oder Palmblättern. Jede Familie hat wiederum einen Zaum aus Palmblättern um ihre Häusergruppe. Tiere wie Kühe, Ziegen und Schafe werden in Unterständen gehalten. Auf dem zentralen Dorfplatz sind oftmals «Wagas», bemalte Holzstatuen der Ahnen, aufgestellt. Hoch über dem Tal finden wir einen grosszügigen Stellplatz, aber bald kommt der Dorfälteste und teilt uns mit, dass dies kein sicherer Platz sei. Also fahren wir zurück nach Konso. Dort werden wir von einem Gästehausbesitzer bemerkt und er bietet uns an, im eingezäunten Vorplatz zu übernachten.

 

Sa, 22. bis Mo, 24.02.2020, die Fahrt bis Arba Minch ist anstrengend wegen der schlechten Strassenverhältnisse (viele Löcher, teilw. fehlt der Belag). Am idyllischen Lake Chamo machen wir in einem urchigen Restaurant mit Sicht auf den See einen Kaffeehalt. Hier geniessen wir unseren ersten äthiopischen Kaffee, stark und sehr aromatisch. Dieser wird in einer Kanne über Kohlen gebraut, mit viel Zucker und z.T. mit einem speziellen, süsslichen Kräuterzweig serviert. Junge Burschen im Café haben sich unseren Feldstecher geschnappt und amüsieren sich köstlich beim Beobachten von Fischern, Tieren und der Landschaft. Die zwei Tassen Kaffee kosten nur ein paar Rappen und zum Abschied erhalten wir noch eine reife Papaya geschenkt. Dem See entlang geht’s weiter. Leider finden wir nirgends eine Zufahrt ans Ufer, wo wir übernachten könnten. Im Emerald Resort in Arba Minch haben sie einen Stellplatz mit Sicht auf die beiden Seen Chamo und Abaya. Für ein zusätzliches Entgelt dürfen wir die neue, sehr schöne Poolanlage benützen. Im Restaurant gibt es gutes Essen zu günstigen Preisen. Am folgenden Tag machen wir eine Bootstour auf dem Chamo See. Beim sogenannten «Crocodile Market» sind meistens eine grosse Anzahl von bis zu 6 m langen Nilkrokodilen anzutreffen. Wir haben Pech, wegen des hohen Pegelstandes haben sich die Tiere auf andere, mit dem Boot unerreichbare Sandbänke verzogen. Ein paar der Ungeheuer und auch ein Nilpferd bekommen wir dann aber doch noch zu sehen. Das Mittagessen nehmen wir in der Stadt ein. Wir probieren die äthiopische Spezialität «Injera» (Ein Pfannkuchen aus Sauerteig). Dieser wird wahlweise mit Gemüse, Salat oder Fleisch und einer scharfen, aber sehr geschmackvollen Sauce serviert. Gegessen wird von Hand. Im Resort findet gerade ein Foto-Shooting für Hochzeitsmode statt, passende Hintergrundsujets gibt es genug. In einer grossen deutschen Reisegruppe ist auch Edi aus der Schweiz dabei. Er interessiert sich für unsere Reiseerlebnisse. Auch er hat einen LKW ausgebaut und will im Herbst zu einer Tour durch Afrika starten. Bis jetzt war im Park eine meckernde Ziege an einen Baum gebunden, nun ist es plötzlich ruhig – ob sie wohl im Kochtopf gelandet ist? Für Montag haben wir eine Fahrt mit Chauffeur und Führer nach Dorze gebucht. Dies ist ein Ort, erreichbar über eine steile und kurvenreiche Erdstrasse, auf 2500 Metern. Das hier lebende Volk ist bekannt für seine hoch aufragenden Behausungen und feinen Webarbeiten aus Baumwolle. Die Dorze-Hütten, welche neu eine Höhe von 12 Metern aufweisen, sehen aus wie umgedrehte Riesenkörbe. Sie sind aus Bambus und den Blättern der falschen Banane geflochten. Mit den Jahren und dem fortwährenden Frass der Termiten verringert sich die Höhe der Hütten. Im Innern hat es Abteile für das Vieh, welches in den kalten Nächten Wärme spendet, einen Eingangsbereich und Nischen zum Schlafen. Im Zentrum der Hütte wird auf offenem Feuer gekocht. Der Rauch zieht durch zwei Öffnungen im oberen Teil ab. Von aussen sehen die Gebäude Elefantenköpfen ähnlich, man muss sich nur Ohren und einen Rüssel dazu denken. Die Hütten sind von hohen falschen Bananen und einem geflochtenen Zaun umgeben. Diese Bananenstauden tragen keine Früchte. Essbar ist hier der Stamm, von dem laufend Schichten abgeschält werden. Das davon abgeschabte Faserfleisch wird in Bananenblätter eingepackt und für drei Monate fermentiert. Die so entstandene gräuliche Paste wird zu verschiedenen Gerichten, wie z.B. Pfannkuchen verarbeitet. Diese isst man zusammen mit Honig und einer Paste aus 16 Gewürzen. Es schmeckt sehr gut, die Paste ist aber höllisch scharf. Wir halten uns eher an den Honig. Danach kommt ein klarer Schnaps auf den Tisch. Die Grundzutaten sind u.a. Knoblauch, Anis, Ingwer, usw. Das angeblich gegen viele gesundheitliche Probleme hilfreiche Gesöff hat über 40% Alkohol. Als Gast ist es Pflicht, mindestens drei Gläser davon zu trinken. Davor ruft der Gastgeber oder ein Gast sechs Mal Jo, Jo, Jo, Jo, Jo, Jo (das heisst Prost), die übrigen Leute antworten mit einem lauten Joho und dann wird auf Ex runtergekippt. Danach bin ich nicht mehr so sicher auf den Beinen und bereit, ohne zu handeln einen nicht ganz billigen Baumwollschal zu kaufen. Ausserhalb der Siedlung findet z.Z. eine Zeremonie der orthodoxen, christlichen Kirche statt. Es wird gesungen und getanzt. Hohe Kirchenväter in prächtigen Roben und unter grossen, bunten Schirmen führen die Prozession an. Am frühen Nachmittag sind wir wieder bei unserem Truck. Wir fahren gleich los Richtung Norden nach Sodo. In dieser Stadt ist was los. Tuc Tuc’s, Motorräder, Eselkarren und Fussgänger verstopfen die Strassen. Unseren Übernachtungsort im Garten des Betelele Hotels finden wir aber trotzdem recht schnell. Eine Strasse weiter befindet sich der grosse Markt. Wir stürzen uns ins Getümmel in den verwinkelten Gassen. Sofort sind wir von einer Gruppe Kinder umgeben, die ihre paar Wörter Englisch an uns testen wollen. Unsere Einkäufe werden genau beobachtet. Einige Leute wollen uns die Hand reichen. Alle sind freundlich und freuen sich über den Besuch von zwei Fremden.

 

Di, 25. – Sa, 29.02.2020, weiter geht’s durch viele kleine Dörfer mit hübschen, z.T. bemalten Hütten. Eine der Siedlungen ist wie ein Museum konzipiert und für ein bisschen «Fotogeld» zu besichtigen. Die Frauen zeigen uns auch das Innere der geräumigen, aus Lehm und Stroh gebauten Hütten. In Awasa am gleichnamigen See, versuchen wir einzukaufen, viel ist allerdings nicht erhältlich. Früchte gibt es am Strassenrand. Zum Mittagessen gönnen wir uns eine Pizza im Dolce Vita Restaurant. Danach fahren wir zum Progress Int. Resort Hotel, welches in einem Park direkt am See liegt. Viele Vögel und Fischer tummeln sich am Seeufer. Gegen Abend erhalten wir Besuch von zwei verschiedenen Affenfamilien (Colobus und Vervet). Am nächsten Tag fahren wir nach Addis Ababa. Der letzte Streckenteil ist sogar Autobahn. Erich versucht nochmals zwei neue Reifen zu organisieren, leider ohne Erfolg. Am südlichen Stadtrand entstand ein neues Geschäftsviertel mit modernen Bürogebäuden und Hotels. Das Gästehaus, wo wir übernachten wollten, ist von Baustellen umgeben. Für uns ist kein Platz, also suchen wir uns was anderes. Inmitten des modernen Geschäftsviertels befindet sich ein grosser, überwachter Parkplatz. Sämtliche Parkwächter wollen einen Blick in unser «Haus» werfen. In der Nacht ist es überraschend ruhig. Nach einem Einkauf in einem nahegelegenen Supermarkt, fahren wir weiter. Es geht 300 Kilometer über unzählige Hügel, immer rauf und runter. Dorf reiht sich an Dorf, die Bevölkerungsdichte ist sehr gross. Esel, Kühe, Ziegen, Schafe, Dromedare, Tuc Tuc’s und Kinder bevölkern die Strassen. Erich muss höllisch aufpassen, dass er niemanden umfährt. Müde finden wir endlich einen etwas abgelegeneren Platz vor einem Schulgebäude. Zuerst sieht es so aus, als ob wir nicht bemerkt wurden. Doch schon bald sind wir von neugierigen Anwohnern umgeben. Sie sind sehr zurückhaltend und wollen nur schauen was wir hier machen. Wir würden wohl ebenso staunen, wenn bei uns ein Ufo landen täte. Die Fahrt bis Woldia ist wieder lang. Wir überqueren mehrere Pässe. In der Stadt können wir neben einem Hotel stehen. Am Samstag fahren wir bis Dilb, bis hierher ist die Strasse asphaltiert. Es geht immer weiter hoch bis wir die 3000 m Grenze überschritten haben. In Dilb zweigen wir auf eine Erdstrasse ab. Diese führt uns durch eine wunderschöne Berglandschaft und an vielen urtümlichen Dörfern vorbei. Auch heute überqueren wir mehrere Pässe. Wir bewegen uns konstant zwischen 2000 und 3000 Metern. Vor Lalibela kommen uns viele Leute entgegen, welche Vieh vor sich hertreiben. Im Ort war grosser Markt. Wir fahren direkt zum Tukul Village Hotel und Camping. Danach bummeln wir noch ein wenig durch die Gassen, trinken bei einer netten Frau einen staken Kaffee und steigen noch auf den Tabor Hügel. Für morgen hat uns der Hotelmanager eine Führung durch die Anlagen der weltberühmten unterirdischen Kirchen organisiert.