Truck Rückführung 2020

Mitte Oktober hören wir von Ernst Schulthess, dass eine Reise nach Äthiopien möglich ist. Er und seine Frau Vreni musste ebenfalls wegen Corona den Lastwagen in Addis Abeba stehen lassen. Auch von Helmuth aus St. Petersburg vernehmen wir, dass er auf dem Weg nach Äthiopien ist. Nun geht alles schnell. Flug und Hotel buchen, Visa beantragen, Corona Test anmelden. Alles (beinahe) perfekt, leider wird dann der Flug verschoben und wir müssen alle Reservationen nochmal ändern. Die  Corona Testergebnisse erhalten wir 3 Std. vor dem Abflug, phuu, das war eine Zitterpartie! Am 30. Oktober landen wir pünktlich um 1 Uhr in der Früh in Addis. Erich hat zwei Taschen mit Ersatzteilen für den LKW dabei, das gibt Schwierigkeiten beim Zoll. Unverständlicherweise müssen wir nur für die beiden grossen Stossdämpfer Einfuhrzoll bezahlen, obwohl weit teurere Teile mitführen. Na ja, uns solls recht sein. Niemand weiss so recht, wer nun wirklich zuständig ist, dann muss der Preis festgelegt und am Bankschalter Geld gewechselt werden. (Eigentlich hätten wir ja noch restliche Birr dabei, aber das dürfen wir nicht zugeben, weil die Einfuhr sehr eingeschränkt ist.) Wir sind nicht die einzigen die gefilzt werden. Am schlimmsten trifft es die Textilhändler welche Berge von Kleidern aus Istanbul einführen, das muss alles ausgepackt werden. Völlig übermüdet und entnervt verlassen wir zwei Stunden später den Flughafen. Oh Wunder, der Hotelshuttle hat auf uns gewartet!! Todmüde sinken wir ins Bett. 

 

Am Sonntag fahren wir zu Worku, wo wir unseren Truck wohlbehalten und sauber gewaschen antreffen. Die nächsten beiden Tage sind wir damit beschäftigt die Zollpapiere für den LKW, Spezialbewilligungen für die Ausreise (die Grenze ist offiziell geschlossen) und einen neuen Corona Test für die Einreise nach Kenya zu organisieren. Leider weiss niemand, wo wir eine solche Ausreisebewilligung erhalten können. Dank den Kenntnissen und der Hilfe eines Taxifahrers, der uns den ganzen Tag chauffiert, finden wir die in der Stadt verstreuten Büros. im vierten Ministerium treffen wir dann auf eine Frau, die sich sichtlich Mühe gibt und uns schliesslich an das Ministerium für Transport und Strasse verweist. Dort erhalten wir tatsächlich ein offiziell beglaubigtes Papier, welches uns eine Ausreise mit dem Truck bewilligt. Auf unsere Anfrage, ob diese Dokumente ausreichen erhalten wir ein klares ja. Also fahren wir noch am gleichen Tag los. Für die 750 km müssen wir 2 ½ Tage Fahrt einrechnen und der Corona Test, welcher uns per E-mail zugestellt wird, ist nur 72 Std. gültig. Auf der Strecke müssen wir immer wieder Kontrollposten der Polizei, Armee oder Milizen passieren. Die Polizisten sind sehr freundlich und lassen uns salutierend passieren. Armee und Miliz ist dann schon erheblich problematischer. Sie wollen Ausweise sehen und einen Blick ins Fahrzeug werfen. Oftmals werden wir einfach hingehalten, nur dass einzelne Typen ihre Macht zeigen können. Am Freitag kurz vor Mittag erreichen wir den Grenzposten. Da heisst es, der zuständige Grenzbeamte sei in der Mittagspause, wir sollen in zwei Stunden wiederkommen. In freudiger Erwartung stehen wir später wieder vor geschlossenen Toren, nur um zu erfahren, dass wir noch ein Schreiben von den Einwanderungsbehörden benötigen. Es hilft alles diskutieren nichts, wir müssen zurück nach Addis. Wahrscheinlich wäre uns auch die Einreise nach Kenya verweigert worden, weil wir die Corona Testergebnisse nicht erhalten haben. In der Zwischenzeit ist im Norden des Landes ein Bürgerkrieg ausgebrochen, überall herrscht erhöhte Militär- und Polizeipräsenz und das Internet wurde wieder einmal abgeschaltet. Am 8. November treffen wir wieder in Addis ein, diesmal stehen wir wie bereits im März in «Wims Holland House». Es ist nicht gerade der schönste Platz aber sehr zentral gelegen. Von hier sind alle Ministerien und das Corona Testlabor in kurzer Distanz zu erreichen. Am Montag fahren wir zuerst dorthin. Nach langem hin und her kapitulieren wir und bezahlen zähneknirschend nochmals 120 US Dollar für zwei Tests, obwohl es offensichtlich ist, dass sie uns die Ergebnisse gar nicht gemailt haben. Diesmal werden wir diese am nächsten Morgen persönlich abholen. Danach fahren wir zur Einwanderungsbehörde, wo wir wieder einmal von einem Büro ins andere geschickt werden. Schliesslich werden wir einem mürrischen, anscheinend hohen Beamten vorgelassen, der nach einigen Erklärungen einige Worte auf ein Papier kritzelt und uns ins nächste Büro schickt. Missverständnisse entstehen auch, weil viele Leute nur wenig Englisch verstehen. Schlussendlich finden wir das richtige Büro und die zwei Typen hier versichern uns alles sei kein Problem. Sie telefonieren dem Grenzposten in Moyale, um uns anzukündigen und kritzeln ebenfalls ein paar Worte auf die Bewilligung vom Transportministerium. Das soll alles sein? Wir sind sehr misstrauisch und fragen mehrmals nach, ob das auch wirklich ausreicht, um die Grenze passieren zu können. Sie lachen und schütteln verständnislos die Köpfe. Es bleibt uns nichts anderes übrig, als ihnen zu glauben. Am nächsten Morgen geht es dann früh um 8.30 Uhr wieder los Richtung Süden. Um die Stadt zu verlassen brauchen wir über eine Stunde, überall ist Stau. Die Nacht verbringen wir wieder einmal in Hawassa, eine aufstrebende Wirtschafts- und Feriendestination. Im Restaurant Dolce Vita geniessen wir einen feinen äthiopischen Kaffee aber auch die Ravioli mit Fischfüllung, welche wir bei einem früheren Besuch probiert haben, sind sehr empfehlenswert. Die Weiterfahrt am nächsten Tag ist relativ locker. An den Kontrollposten kennen sie uns bereits und wir werden meistens gleich durchgelassen. Am einen Posten, wo uns eine Taschenlampe gestohlen wurde, frage ich nur so als Scherz danach. Da rennt doch tatsächlich einer der Typen los und holt sie. Anscheinend hat sie das schlechte Gewissen gedrückt, das hätten wir nun nie erwartet. Wieder in Vollbesitz unserer Güter fahren wir die restliche Strecke und erreichen um 17 Uhr die Grenzstadt Moyale. Wie nicht anders zu erwarten ist niemand mehr in den Büros anzutreffen, wir müssen wohl oder übel in dieser stinkenden und von Schmutz starrenden Ortschaft übernachten. Im bewachten Hof eines Hotels dürfen wir für 17 US Dollar stehen, welch ein Abriss!!! Bereits um 8 Uhr stehen wir wieder vor dem Grenzgebäude, unsicher aber voller Hoffnung. Wir werden von einem gut gelaunten Grenzbeamten empfangen, welcher uns schliesslich den Ausreisestempel in den Pass drückt. Beim Zoll dauert es dann etwas länger, aber nach einer abschliessenden Besichtigung unseres Trucks werden für uns die Grenztore geöffnet und wir dürfen passieren. Am kenyanischen Zoll werden keine Fragen gestellt und die Abwicklung ist zügig. Um den Stempel im Carnet de Passage zu erhalten sind dann aber einige Anweisungen seitens Erich nötig, doch endlich um 10:30 Uhr am 12. November 2020 sind wir in Kenya.