So, 1. bis Do, 5.3.2020, um 8.30 Uhr werden wir vom Führer abgeholt, welcher uns die unterirdischen Kirchenanlagen von Lalibela zeigen wird. Diese wurden während der Regierungszeit von König Lalibela zwischen 1181 und 1221 erstellt. Auf kleinstem Raum stehen hier 6 kreuzförmige Blöcke, aus dem felsigen Grund gehauen, danach ausgehöhlt und mit kunstvoll geformten Fenstern und Türen versehen. Jede Kirche ist einzigartig und mit mehr oder weniger gut erhaltenen Fresken und Reliefs versehen. Das Allerheiligste ist jeweils durch einen Vorhang abgetrennt und nur für die Priester reserviert. Zuerst besuchen wir die Kirche «Bet Maryam». Hier findet gerade ein Gottesdienst im Freien statt, geleitet von mehreren christlich orthodoxen Priestern. Viele Gläubige, alle in einen weissen Schal gewickelt, lauschen der Predigt und den Gesängen, einige beten. Auch in den Kirchen beten Gläubige und lassen sich segnen. Vor den Eingängen liegen unzählige Paar Schuhe, dir heiligen Räume dürfen nur barfuss betreten werden. Jüngere Leute helfen den älteren die hohen, ausgetretenen Stufen zu bewältigen. «Bet Mehane Alem» ist mit ihrer Grundfläche von 33.5 x 23.5 m und einer Höhe von 11.5 m die grösste unterirdische Kirche der Welt. Zum Schutz vor Umwelteinflüssen sind die Kirchen mit Schutzdächern versehen. In einem kleinen Museum sehen wir unvorstellbar wertvolle Schätze, prächtige, mit Goldfäden bestickte Priestergewänder, uralte, handgeschriebene Bibeln und Gesangbücher, Musikinstrumente, goldene Zeremoniekreuze, usw. Um die Exponate vor Lichtschäden zu schützen, muss ein Handy als einzige Lichtquelle genügen. Der krönende Abschluss des Vormittags bildet die Besichtigung der wohl bekanntesten und meist abgebildeten Kirche «Bet Giyorgis». Sie ist Lalibela’s Meisterwerk. Hier fehlt das schützende Blechdach, so dass man eine ungestörte Sicht auf die in griechischer Kreuzform gehauene Kirche geniessen kann. Bei der Nachmittagsführung zu den restlichen 5 Kirchen muss ich leider passen. Die ganze Gegend ist felsig und sehr uneben, da habe ich mir bei einem Fehltritt den Knöchel verstaucht.

 

Am nächsten Tag fahren wir wieder durch eine atemberaubend schöne Berglandschaft und durch Bergdörfer. Im Gegensatz zur Schweiz werden in Äthiopien die Berghänge bis über 3000 m bewirtschaftet oder sind bewaldet. Nach 7-stündiger Fahrt halten wir an einem kleinen Bach. Es dauert nicht lange, schon sind wir von der Dorfjugend umgeben. Neugierig, freundlich und zu Spässen aufgelegt sprechen alle durcheinander. Die Wenigsten können ein paar Worte Englisch. Was sie aber sofort bemerken ist, dass man bei uns das Handy laden kann. Zum Schluss sind vier Stück davon eingesteckt. Auch fragen sie nach Kugelschreibern und anderen Dingen. Zum Glück ist es schon spät, wenn’s dunkel wird verziehen sie sich in ihr Dorf. Am folgenden Tag geht es nochmal über einen Pass von 3000 m. Nach 20 km erreichen wir die Asphaltstrasse. Von nun an geht’s bergab. Das Gelände wird immer flacher und sandiger. In der überraschend grossen Universitätsstadt Mekele suchen wir eine Einkaufsmöglichkeit. Ausserhalb der Hauptstadt gestaltet sich das im ganzen Land eher schwierig. Wir geben uns dann mit ein paar Früchten zufrieden. Zum Glück haben wir noch genügend Vorräte an Reis und Teigwaren. Diese Nacht dürfen wir beim Hill Top Hotel stehen.

 

Heute fahren wir weiter nach Wukro, wo wir die erste der über 120 orthodoxen Kirchen im Tigray Bezirk besuchen. Die Gotteshäuser entstanden zwischen dem 9. und 15. Jh. Diese sind im Gegensatz zu denen in Lalibela seitlich aus dem Sandstein gehauen. Im Innern der Cherkos-Kirche ist leider nicht mehr viel von den Fresken zu sehen. Wasserschäden haben den grössten Teil davon stark beschädigt. Von der örtlichen Tourismusverantwortlichen werden wir anschliessend zum Kaffee eingeladen. Eine Gruppe Männer, darunter ein Regierungsbeamter, nimmt dort gerade einen Imbiss ein. Wir setzten uns zu ihnen und sogleich steht je ein Glas selbstgebrautes Shorgum-Bier vor uns. Die trübe, bräunliche Flüssigkeit schmeckt ein bisschen säuerlich. Angeregt vom Alkohol, entwickelt sich ein interessantes Gespräch über Entwicklung und Politik des Landes. Nachdem wir dann doch noch einen Kaffee serviert bekamen und die Besichtigungsgebühr für sämtliche Kirchen der Region bezahlt haben fahren wir weiter zur 15 km entfernten Kirche «Aabraha We Atsbeha». Uns erwarten bereits ein Führer und der Schutzmann. Alle Kirchen werden 24 Stunden von mindestens einem bewaffneten Mann bewacht. Momentan ist gerade Gottesdienst. In der 40-tägigen Fastenzeit finden diese immer von 12 bis 15 Uhr statt. Danach dürfen die Gläubigen essen, allerdings nur leichte Sachen wie Gemüse, Früchte und Brot aber kein Fleisch. Bis wir in die Kirche dürfen, besichtigen wir ein dazugehöriges, kleines Museum. Hier sind prächtige religiöse Relikte zu sehen. Von riesigen Trommeln über goldene Zeremonie-Kreuze und -Stäbe bis zu wunderschönen Priestergewändern. Auch eine goldene Krone und die goldenen Schuhe von König Atsbeha sind hier ausgestellt. Ein Mönch in gelber Kutte führt uns vor, wie mit einem Blasinstrument aus Kuduhorn zusammen mit Trommelschlägen die Gläubigen zu Versammlungen gerufen werden. Das Warten hat sich gelohnt, denn die Kirche die wir dann zu sehen bekommen ist innen wunderschön bemalt. Auf sämtlichen Wänden sind Teile der biblischen Geschichte in farbenprächtigen Bildern dargestellt. Den Eingang schmückt ein hohes, massives Holztor. Auch die Umgebung ist atemberaubend schön. Gigantische Feigenbäume im Tal sind von hohen Felstürmen umgeben. Anschliessend fahren wir weiter nach Dugem. Hier parken wir auf einem Feld im Schatten von Eukalyptusbäumen. Erich macht sich mit zwei Führern auf den einstündigen, steilen Aufstieg zur «Abuna Abrahm»-Kirche. Dieses aus dem 14. Jh. stammende Gemäuer thront wie eine Burg hoch oben auf einem Berg. Ich werde in der Zwischenzeit wie immer von Kindern belagert. Die Nacht verbringen wir dann gleich an Ort. Es gäbe noch unzählige interessante und schöne Kirchen zu sehen. Die meisten davon sind aber schwierig zu erreichen, teilweise nur mit Kletten oder an Seilen. Die Christen mussten sich damals schliesslich vor den Muslimen verstecken.

 

Wir entdecken eine gut ausgebaute, auf der Karte nur als Erdstrasse eingezeichnete, Verbindungsstrasse nach Aksum. Die Strecke führt durch eine unglaublich interessante Bergwelt. In einer einsamen Gegend an einem abgelegenen Seitenweg, hoffen wir den Abend ohne «Besucher» verbringen zu können. Doch weit gefehlt, wie aus dem Nichts tauchen schon bald Leute auf, die unseren Truck umstellen. Erst nach Sonnenuntergang haben wir Ruhe.

 

 

Fr, 6. – Do, 12.3.2020, in Aksum angekommen, besichtigen wir zuerst das Stelenfeld aus dem 3. und 4. Jh. Die über 66 Stelen von 1 bis 33 Meter Höhe markieren anscheinend Gräber und Mausoleen. Ein Grossteil des Areals ist noch nicht erforscht. Die grösste je von Menschenhand errichtete Felsblock mit einem Gewicht von über 500 Tonnen, liegt zerbrochen am Boden. Es wird angenommen, dass diese Stele beim Aufrichten umgefallen ist. An allen vier Seiten sind Muster wie angedeutete Fenstern und Türen in den Stein gehauen. Gleich nebenan besichtigen wir das angebliche Bad der Königin Sheba. Eher wahrscheinlich ist, dass dieses grosse Becken seit jeher als Wasserspeicher genutzt wurde. Nach so viel alter Geschichte brauchen wir einen Kaffee. In einem kleinen Kabuff am Strassenrand nehmen wir dann an einer vollständigen Kaffeezeremonie teil. Die junge Frau röstet zuerst die grünen Kaffeebohnen über dem Feuer, mhh.. dieser Duft. Danach werden die Bohnen im Mörser zu Pulver zerkleinert und in einer speziellen Kanne zusammen mit Wasser zu einem köstlichen Kaffee gekocht. Umnebelt von Weihrauchschwaden geniessen wir das starke, schwarze Gebräu. Gestärkt machen wir uns auf zu neue Entdeckungen. Vorbei an der alten und neuen Kirche St. Mary of Zion (auch hier sind unzählige Pilger und Gläubige unterwegs) gelangen wir über staubige Gassen in die Altstadt. Uns begegnen schwer beladene Kamele und Esel, diese versetzten uns in die Zeit der Kamelkarawanen. Danach fahren wir zum «Rosetta Stein». In drei Sprachen sind Beschreibungen kriegerischer Erfolge König Ezana’s zwischen 330 und 350 nach Christus eingemeisselt. Zuoberst auf dem Hügel liegen die Gräber aus dem 6. Jh. von König Kaleb und seinem Sohn Gebre Meskel. Zum Abschluss dieser historischen Runde fahren wir zum Kloster «Pantalewon», welches hoch oben über Aksum auf einer Felsspitze errichtet wurde. Die alte Kirche dürfen nur Männer besichtigen. Ein Mönch präsentiert all die Kirchenschätze durch eine Fensteröffnung. Der grosse Platz unterhalb des Klosters eignet sich hervorragend als Übernachtungsplatz. Nach einem Marktbesuch am nächsten Vormittag besichtigen wir entlang unserer Route die Ruinen von Dungur, dem angeblichen Palast der Königin Sheba. Auch zur mit einem Löwenrelief versehenen Grabstätte von König Bazen, welcher um Christi Geburt hier regiert hat, steigen wir hoch. Nach lokalem Glauben handelt es sich um Balthasar, welcher das Christentum nach Äthiopien brachte. Die Fahrt Richtung Simien Mountains führt wieder über mehrere Pässe und durch eine eindrückliche Bergwelt. Wir übernachten am Strassenrand. Hier in den Bergen leben viele äthiopischen Wölfe. Plötzlich hören wir Knurren. Erich meint, ein Rudel dieser seltenen Wölfe im Mondschein zu sehen. Am nächsten Tag geht es weiter, nun auf zum Teil sehr schmaler, kurviger Erdstrasse bis wir wieder beinahe 3000 m Höhe erreichen. In Debark, dem Ausgansort für Touren in den Simien Mounten NP, erkundigen wir uns über die Eintrittsgebühren. Wir erfahren, dass wir nicht allein in den Park fahren dürfen obwohl eine einzige Strasse hineinführt. In unserem Fahrzeug müssten wir einen Führer und einen bewaffneten Scout mitnehmen. Das geht vom Platz her nicht und das wollen wir auch nicht. Zudem sind die Kosten sehr hoch. Würden die Führer im eigenen Fahrzeug mitfahren, wäre der Preis noch viel höher. Wir verzichten, auch weil wir in den letzten Tagen bereits viel von der atemberaubenden Bergkulisse gesehen haben. Auffallend in den Berggebieten von Äthiopien sind die vielen bewaffneten Männer. Wir erfahren, dass Unstimmigkeiten unter den verschiedenen Bevölkerungsgruppen herrschen, welche zu Unruhen führen. Deshalb wird uns auch nicht erlaubt, ohne Bewachung hier in der Umgebung zu übernachten. Also fahren wir noch ein Stück nach Süden. Bald finden wir einen Schlafplatz mit spektakulärer Aussicht. Wieder erhalten wir Besuch von Kindern sowie zwei Männern. Diese verschwinden nicht nach dem Eindunkeln. Sie sind sehr neugierig und wollen uns angeblich während der Nacht bewachen. Tatsächlich schlafen sie dann unter unserem Truck. Schon früh am Morgen klopfen sie an unsere Tür, verlangen nach Wasser und etwas Essbarem. Damit nicht genug, auch eine Bargeld-Entschädigung für ihre Dienste wird eingefordert. Nachdem wir etwas Geld locker gemacht haben und unseren unmissverständlichen, mittels Zeichensprache vermittelten Hinweisen sie sollen nun verschwinden, ziehen sie endlich ab.

 

Nach Gonder ist es nicht mehr weit. Irgendwann bemerken wir, dass der hintere linke Reifen dauernd Luft verliert, was nun? Zuerst buchen wir für Sonntag einen Flug bei Äthiopien Airlines nach Addis Ababa. Dort müssen wir meine neue Kreditkarte in der Schweizer Botschaft abholen und Visa für die Einreise in den Sudan besorgen. Erich will nicht zwei Mal 750 km hin und zurück fahren. Der Grenzübergang in den Sudan liegt nur 180 km von Gonder entfernt, auch läuft uns langsam die Zeit davon, unser Äthiopien-Visa ist nur bis am 21.3.20 gültig. Während dem ich im Büro der Fluggesellschaft die Buchung tätige, macht Erich auf dem Parkplatz die Bekanntschaft eines Mechanikers. Die Reifenreparatur wird dann in einer «Dschungelschmitte» vorgenommen. Der Riss wird genäht und geklebt, hoffentlich hält das!?! Eine Alternative gibt es momentan nicht, neue Reifen sind hier nirgends erhältlich. Nachdem wir Wasser bei einem Autowaschplatz aufgefüllt haben und in einem winzig kleinen aber recht gut sortierten «Best Supermarkt» einige Einkäufe getätigt haben, fahren wir nach Gorgora am Lake Tana. Tim und Kim (NL) führen hier eine geschmackvoll und gemütlich eingerichtete Lodge mit Campingplatz. Hier verbringen wir drei Tage und lassen uns mit gutem Essen aus Kim’s Küche verwöhnen. Gute Reiseinfos erhalten wir von Helmuth und Irina. Die beiden sind mit ihrem Toyota von St. Petersburg bis hierhergefahren. Am zweiten Tag trifft noch John aus London ein.