Fr, 13. – So, 15.03.2020, Helmuth und Irina sind vom Sudan eingereist. Sie haben es gerade noch geschafft die Grenze nach Äthiopien zu überqueren bevor diese geschlossen wurde. Der Grund: am 9. März wurde in Karthum ein Bombenanschlag auf den sudanesischen Ministerpräsidenten verübt. Nun brauchen wir kein Visum mehr für den Sudan, deshalb annullieren wir unsere Flüge nach Addis Ababa. Die Hotelbuchung kann ich online rückgängig machen. Wegen der Corona Pandemie haben Saudi-Arabien und Ägypten die Grenzen dicht gemacht. Es besteht nur noch die schwache Möglichkeit, von Dschibuti aus unsern Truck nach Europa zu verschiffen. Im überbevölkerten und medizinisch unterversorgten Äthiopien möchten wir nicht bleiben. Bevor wir uns auf die lange Fahrt in die Hauptstadt und dann weiter nach Dschibuti machen, gönnen wir uns noch etwas Kulturgeschichte in Gonder. Wir besichtigen die zum UNESCO-Weltkulturerbe gehörende Festungsstadt «Fasil Ghebbi». Im 16. und 17. Jh. war die Stadt Residenz des äthiopischen Kaisers Fasilidas. Diese liegt auf einer Höhe von 2208 m und ist von einer 900 m langen Festungsmauer umgeben. Sie umfasst mehrere Paläste, Kirchen und Klöster. Ein weiterer Höhepunkt ist das Kloster Debre Berhan Selassie. Die berühmen Deckengemälde sowie flächendeckenden Wandmalereien gehören zu den kostbarsten der Ikonographie Äthiopiens. Im laufe des Tages verdüstert sich der Himmel wie während eines Sandsturmes und es kommt starker Wind auf. Im Nachhinein erfahren wir, dass der im Nordosten in der Danakil Wüste gelegene aktive Vulkan «Erta Ale» ausgebrochen ist. Eine Nacht verbringen wir noch in Gonder auf dem Parkplatz eines Hotels. Eigentlich sollten wir tanken, aber Benzin und Diesel ist im ganzen Ort nirgends erhältlich. Auch unterwegs sind sämtliche Tankstellen geschlossen. Langsam wird es eng mit unseren Dieselvorräten. Endlich entdecken wir eine Lastwagenschlange vor einigen Tanksäulen. Zum Glück haben wir hier angehalten und aufgefüllt, weil nachher wieder kein Treibstoff erhältlich ist. Die ca. 800 km lange Strecke bis nach Addis ist zu Beginn gut ausgebaut. Wir haben uns aber zu früh gefreut, der letzte Drittel führt durch tiefe Schluchten und über hohe Pässe. Hier ist der Asphalt von tiefen Spurrillen zerfurcht und grosse Löcher klaffen im Belag. Streckenweise fehlt dieser völlig und die Erdstrasse ist in sehr schlechtem Zustand. Die zahlreich verkehrenden Lastwagen wirbeln Staub auf, so dass die Sicht zeitweise stark eingeschränkt ist. Eine Nacht verbringen wir in einer abgelegenen Kiesgrube. Sogar hier bekommen wir Besuch von Leuten aus der Umgebung. Am Sonntag erreichen wir am späten Nachmittag Addis Abeba. Wir fahren zu Wim’s Holland House im Zentrum der Stadt. Hier treffen wir auf Xenia und Tinu aus der Schweiz. Die beiden haben wir in Nairobi kennen gelernt. Sie wollten auf derselben Route wie wir weiterfahren, sind nun aber hier stecken geblieben. Es gibt nur noch eine Möglichkeit das Land zu verlassen, per Flugzeug. Das heisst, wir müssen unseren LKW zurücklassen, aber wo gibt es einen sicheren Platz? Xenia und Tinu versuchen so schnell als möglich einen Transport für ihre Motorräder zu organisieren.

 

 

Mo, 16. bis Fr, 20.3.2020, am Montag statten wir der Schweizer Botschaft einen Besuch ab und bitten um Informationen und Hilfe. Die Leute dort fühlten sich aber nicht zuständig für unsere Probleme. Sie raten uns nur, so schnell als möglich in die Schweiz zu fliegen. Die Zeit drängt, laut Xenia würden bald die Flüge eingestellt. Sie steht mit ihrem ehemaligen Arbeitgeber, dem Reiseunternehmen Globetrotter, in Kontakt und diese drängen auf schnelles Handeln. Unser Visum läuft in den nächsten Tagen ab und da wir nicht wissen, wie schnell wir alles Nötige in die Wege leiten können müssen wir dieses verlängern. Immerhin stellt uns die Botschaft einen deutschsprechenden Chauffeur zur Verfügung. Er soll uns bei den Behörden helfen, alles zu übersetzen. Beim Immigrations-Büro warten bereits hunderte von Ausländern, die anscheinend dieselben Probleme haben wie wir. Es herrscht ein wildes Durcheinander. Endlich, mit einer Stunde Verspätung trifft auch Gossa unser Dolmetscher ein. In Addis Ababa scheinen die Ämter häufig umzuziehen. Er wartete bei der ehemaligen Adresse. Wahrscheinlich müssen wir am nächsten Tag nochmal kommen, die Aufrufnummer steht bei 198 und wir haben 345! Doch plötzlich geht es sehr schnell vorwärts. Die Behörde hat reagiert und zusätzliche Arbeitsplätze eingerichtet. Es werden keine Fragen gestellt und jeder erhält kommentarlos eine dreimonatige Visa-Verlängerung nach einer Bezahlung von 150 Dollar. Allerdings können wir unsere Pässe mit dem neuen Eintrag erst in zwei Tagen wieder abholen. Mit Hilfe und guten Verbindungen von Xenia meldete sich Worku und bot uns einen Stellplatz an. Wie sich herausstellt, haben wir ihn bereits bei unserem letzten Besuch in Addis kennen gelernt. Worku besitzt eine Autowerkstatt und ist bekannt unter den Overland Reisenden. Den Lastwagen können wir auf seinem Privatgrundstück abstellen. Dieses ist eingezäunt und von einem Wachmann beaufsichtigt. Seine Familie bekommen wir nicht zu sehen. Hier wurden bereits sämtliche Schulen geschlossen und die, die noch welche ergattern konnten tragen Masken. Es herrscht eine unheimliche Stimmung. Wir haben zur Sicherheit gleich zwei Flüge an verschiedenen Tagen gebucht. Erstens wissen wir nicht, wann wir hier fertig sind, zudem werden viele Flüge gecancelt. Erich muss mit dem Botschaftsangestellten noch zum Zollamt. Damit wir den Truck längere Zeit in Äthiopien stehen lassen dürfen benötigen wir eine Bewilligung. In der Zwischenzeit packe ich die wichtigsten Sachen, verteile die restlichen Lebensmittel an Obdachlose und putze das Fahrzeug. Xenia und Tinu haben es geschafft und sind gestern abgeflogen. Wir hoffen, den heutigen Flieger über Nairobi und Doha nach Zürich nehmen zu können. Bis jetzt steht er noch auf der Abflugliste. Endlich kommt Erich freudenstrahlend zurück, der Truck darf bis Ende September hier stehen bleiben und die Pässe haben wir auch. Ein Nachbar von Worku bringt uns zum Flughafen. Wehmütig und auch unsicher lassen wir unser Fahrzeug zurück. Ob es wohl noch unversehrt hier steht, wenn wir wieder einreisen dürfen? Nach dem Check-in atmen wir seit längerer Zeit wieder so richtig durch. Erst jetzt merken wir, unter welchem Druck wir in den letzten Tagen gestanden haben. Nun können wir die zweite Flugbuchung absagen. Nach einer Reisezeit von 20 Stunden landen wir am Freitag, 20. März wohlbehalten in Kloten. Trotz sehr kurzer Umsteigezeit in Doha ist auch unser Gepäck angekommen.